Anfang August 2020 hat Linus Torvalds, Chefentwickler des Linux-Kernels, die neue Release-Version 5.8 freigegeben. Wie er bereits im Juni ankündigte, wurde es sogar zu einem der größten Releases bisher. Intern trug es den Namen „Kleptomaner Krake“. Wahrscheinlich weil die Neuerungen sich auf alle Bereiche verteilen und nicht auf einen Entwicklungszweig besonders konzentrierten.
Ein neuer Rekord
Bereits das Release 4.9 lag mit seinen Commits, also Codebeiträgen, weit vor allen anderen. Allerdings war es laut Torvalds mitunter künstlich aufgeblasen gewesen. Und Kernel 4.12 brachte bisher die meisten Codezeilen mit, was aber vor allem an den zahlreichen Register-Beschreibungen für AMD-Grafik-Treiber gelegen hatte.
Mit 17.595 neuen Commits und über 800.000 neuen Codezeilen hat die Release-Version 5.8 nun tatsächlich einen neuen Rekord aufgestellt. Es wurden mehr als 14.000 Dateien verändert. In seiner Mitteilung aus dem Juni schrieb Torvalds, die Entwicklung sei „all over the place“, also mehr oder weniger überall. Das spiegelt sich auch darin, dass diesmal etwa 20 Prozent des Quell-Verzeichnisses verändert wurden. Mit seinem Rekord als größtes Release aller Zeiten setzt Linux 5.8 aber vor allem auf zahlreiche kleinere Verbesserungen für ein stabileres und sicheres System.
Vereinfachte und neue Treiber
Die Entwickler des DRM (Direct Rendering Manager) haben den Kern so umgebaut, dass die Grafik-Treiber vereinfacht werden. Jetzt wird auch Intels Tigerlake-Plattform und damit neuere Hardware unterstützt. Der AMD-Grafik-Treiber bekommt nun sogenannte „Trusted Memory Zones“, um Videos verschlüsseln zu können. Zu starke Hitzeentwicklung soll besser kompensiert werden.
Für ältere WLAN-Treiber gibt es nun einen Support für WPA 3, dem aktuellen Verschlüsselungsstandard für kabelloses Internet. Für Systeme, die ARM64 als CPU haben, gibt es nun neue Sicherheitsmerkmale, die das System besser schützen sollen.
Schneller und stabiler
Sowohl im Power-Management als auch an der IOMMU (Input-Output Memory Management Unit) verbesserte sich der Code im Umgang mit Geräten. Damit „wacht“ das Gerät jetzt schneller auf, ebenso ist die Kommunikation von Geräten untereinander stabiler.
Auch beim /proc, dem Prozessdateisystem, wurden bisher nicht gesichtete Fehler behoben und andere Stellen repariert. So lassen sich jetzt Performance-Einbrüche abmildern.
Ein Kernel, viele Distributionen
Im Gegensatz zur weitverbreiteten Annahme handelt es sich bei Linux nicht um das Betriebssystem an sich. Es ist der nach seinem Chefentwickler Linus Torvalds benannte Kernel eines Betriebssystems. Allein wäre er nicht bedienbar. Ein Kernel bildet den Kern eines Systems, in dem die grundsätzliche Prozess- und Datenorganisation festgelegt ist. Alle weiteren Bestandteile bzw. Programme eines Betriebssystems bauen darauf auf.
Seit der Linux-Kernel 1992 lizensiert wurde, haben Entwickler um ihn herum aufeinander abgestimmte Software programmiert, die dann als gesamtes Betriebssystem funktionieren. Diese Distributionen umfassen bekannte Systeme wie Debian, SUSE oder Red Hat. Erscheint ein neues Release wie zuletzt im August 2020 kann es auch sofort als Aktualisierung für die jeweilige Distribution heruntergeladen werden.
Die aktuelle Release-Version Linux 5.8 steht wie immer auf kernel.org und github.com zum Download bereit.